Von toxischen Mustern zu gesunden Beziehungen – Teil 2: Die toxischen Muster in der Beziehung zu Dir selbst

Im ersten Teil der Artikelserie „Von toxischen Mustern zu gesunden Beziehungen“, den Du hier findest, ging es darum, toxische Beziehungsmuster zu erkennen. Ich habe die zehn häufigsten ungesunden Dynamiken in privaten und beruflichen Beziehungen aufgezeigt, wie zum Beispiel Manipulation, Gaslighting und emotionale Erpressung. Der Fokus lag darauf, wie diese Muster aussehen, wie sie sich äußern und welche Folgen sie für die Betroffenen haben können – von emotionaler Belastung bis hin zu sozialer Isolation. Ziel war es, ein Bewusstsein für diese destruktiven Verhaltensweisen zu schaffen und den ersten Schritt in Richtung Veränderung zu ermöglichen.

Normalerweise wird in diesem Kontext über Beziehungen zu anderen Menschen gesprochen. Ich möchte heute einen anderen Blickwinkel mit reinnehmen: Dich.

Denn in Dir fängt alles an. Du musst toxisches Verhalten gewohnt sein, um es ertragen zu können. Und meist verinnerlicht man dieses Verhalten und wendet es zuallererst und oft mit Vehemenz gegenüber sich selbst an.

Lass uns diese Punkte nochmal mit der neuen Perspektive anschauen. Oft wirken mehrere Punkte ineinander.

Toxische Muster in Beziehungen zu sich selbst und die Auswirkungen auf den Alltag

  1. Manipulation:
    Manipulation zeigt sich in der Beziehung zu Dir selbst oft darin, dass Du Dir Dinge schönredest oder ignorierst. Probleme werden kleingeredet, Bedürfnisse mit Gedanken wie ‚Es ist nicht so schlimm‘ oder ‚Ich brauche keine Hilfe‘ verleugnet. Diese Selbsttäuschung hält Dich davon ab, ehrlich hinzuschauen und echte Lösungen zu finden.
    Mögliche Folgen: Wenn Du Dich selbst manipulierst, verlierst Du die Verbindung zu Deinen echten Bedürfnissen. Du bleibst in Situationen stecken, die Dir nicht guttun, und es fällt Dir schwer, Lösungen zu finden. Das Gefühl von Hilflosigkeit kann Dich lähmen und Deine Selbstständigkeit einschränken. Im Alltag zeigt sich das oft darin, dass Du Probleme ignorierst oder Entscheidungen aufschiebst.

Beispiel: Du bleibst in einer ungesunden Beziehung oder einem Job, der Dich unglücklich macht, weil Du Dir einredest, dass es besser wird, ohne aktiv etwas zu ändern.

  • Gaslighting:
    Gaslighting in der Beziehung zu Dir selbst bedeutet, Deine eigene Wahrnehmung infrage zu stellen. Gedanken wie ‚Habe ich das wirklich richtig gemacht?‘, ‚Vielleicht übertreibe ich ja nur‘ oder ‚Bin ich einfach zu empfindlich?‘ untergraben Dein Vertrauen in Deine eigene Intuition und führen dazu, dass Du Dich selbst nicht mehr ernst nimmst und immer unsicherer wirst.
    Mögliche Folgen: Wenn Du Deine eigene Wahrnehmung infrage stellst, wachsen Deine Selbstzweifel und Du beginnst, Dich selbst nicht mehr ernst zu nehmen. Das führt dazu, dass Du immer unsicherer wirst, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen und/oder zweifelst an denen, die Du getroffen hast. Du immer weniger Vertrauen in Deine Intuition hast. Auch ein verzerrtes Selbstbild und innere Orientierungslosigkeit gehören zu den möglichen Folgen.
    Beispiel: Du hast eine Idee bei der Arbeit, bist aber unsicher, ob sie gut genug ist – also teilst Du sie lieber nicht mit anderen.
  • Emotionale Erpressung:
    Emotionale Erpressung zeigt sich in inneren Schuldgefühlen und Druck, den Du Dir selbst machst. Gedanken wie ‚Wenn ich das nicht schaffe, bin ich ein Versager‘ oder ‚Ich darf keine Fehler machen‘ setzen Dich unter einen ständigen Zwang, perfekt zu sein – und nehmen Dir die Freiheit, einfach Mensch zu sein.
    Mögliche Folgen: Wenn Du Dich selbst emotional erpresst, zeigt sich das im Alltag darin, dass Du Dich unter ständigen Druck setzt und Dir Schuldgefühle machst. Das nimmt Dir die Freiheit, Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen. Stattdessen fühlst Du Dich gefangen in einem Zwang, perfekt sein zu müssen – was Dich emotional auslaugen und im Alltag immens einschränken kann.
    Beispiel: Du übernimmst mehr Aufgaben als Du bewältigen kannst, weil Du glaubst, dass andere Dich sonst für faul halten.
  • Love Bombing:
    In Deiner Beziehung zu Dir selbst kann Liebesbombardement bedeuten, dass Du Dich kurzfristig mit unrealistischen Erwartungen motivierst: ‚Ich werde alles perfekt machen!‘ oder ‚Ich schaffe das schon!‘. Diese Euphorie endet oft in Enttäuschung und Selbstkritik, wenn Du Deinen überhöhten Ansprüchen nicht gerecht wirst.
    Mögliche Folgen: Wenn Du Dich mit unrealistischen Erwartungen überforderst, wirst Du schnell enttäuscht, wenn diese nicht erfüllt werden. Das führt oft zu Erschöpfung und Selbstkritik und einem Gefühl des Versagens. Deine Beziehung zu Dir selbst wird instabil, weil Du zwischen übertriebenen Ansprüchen und Enttäuschung hin- und hergerissen bist.
    Beispiel: Du planst einen perfekten Tag voller Aufgaben und Aktivitäten – aber am Ende bist Du frustriert, weil Du nicht alles geschafft hast.
  • Kontrolle:
    Kontrolle zeigt sich darin, dass Du Dich ständig überwachst – Deine Gedanken, Dein Verhalten – und Dir sagst: ‚Das darfst Du nicht denken‘ oder ‚Du musst immer produktiv sein‘. Diese innere Kontrolle nimmt Dir die Freiheit, auch mal loszulassen und Fehler zuzulassen.
    Mögliche Folgen: Wenn Du Dich ständig kontrollierst, nimmst Du Dir die Freiheit, einfach mal loszulassen. Du fühlst Dich eingeengt von Deinen eigenen Regeln und Vorgaben, was langfristig zu innerer Erschöpfung führen kann. Kreativität, spontane Entscheidungen und Leichtigkeit bleiben auf der Strecke.
    Beispiel: Du planst jeden Moment Deines Tages durch und fühlst Dich gestresst, wenn etwas nicht nach Plan läuft
  • Abwertung und Kritik:
    Abwertung und Kritik sind toxische Muster, die Du vielleicht kennst: Dein innerer Kritiker ist laut und sagt Dinge wie ‚Du bist nicht gut genug‘ oder ‚Das hättest Du besser machen können‘. Diese ständige Selbstkritik lässt Dich an Deinen Fähigkeiten zweifeln und hindert Dich daran, stolz auf das zu sein, was Du bereits erreicht hast.
    Mögliche Folgen: Wenn Dein innerer Kritiker ständig laut ist, leidet Dein Selbstwertgefühl. Du beginnst, an Deinen Fähigkeiten zu zweifeln und siehst nur noch Deine Fehler statt Deiner Erfolge. Das kann dazu führen, dass Du Chancen nicht wahrnimmst oder Dich zurückziehst – aus Angst vor Ablehnung.
    Beispiel: Nach einem erfolgreichen Projekt denkst Du sofort darüber nach, was hätte besser laufen können – statt stolz auf Deine Leistung zu sein.
  • Extreme Hochs und Tiefs:
    Extreme Hochs und Tiefs können sich als emotionale Achterbahn zeigen: In einem Moment denkst Du ‚Ich kann alles schaffen!‘ – im nächsten Moment fühlst Du Dich wie ein kompletter Misserfolg. Diese Schwankungen machen es schwer, eine stabile Beziehung zu Dir selbst aufzubauen und langfristig motiviert zu bleiben.
    Mögliche Folgen: Wenn Deine Emotionen wie eine Achterbahn sind, fehlt Dir die Stabilität in Deiner Beziehung zu Dir selbst. Die ständigen Schwankungen zwischen Euphorie und Selbstzweifel können Dich emotional erschöpfen und es schwierig machen, ein gesundes Selbstvertrauen aufzubauen.
    Beispiel: Am Morgen bist Du überzeugt davon, alles schaffen zu können – kurz spätestens am Abend zweifelst Du wegen eines kleinen Fehlers an Dir selbst.
  • Grenzüberschreitungen:
    Grenzüberschreitungen bedeuten oft, dass Du Deine eigenen Bedürfnisse ignorierst. Du arbeitest über Deine Belastungsgrenze hinaus, übernimmst Verpflichtungen, die Dir nicht guttun, sagst viel zu selten Nein oder übergehst körperliche Warnsignale wie Müdigkeit oder Stress. So verlierst Du den Kontakt zu Deinen eigenen Grenzen.
    Mögliche Folgen: Wenn Du Deine eigenen Grenzen ignorierst, überforderst Du Dich körperlich und emotional. Das führt dazu, dass Du irgendwann völlig ausgelaugt bist, Dein Körper oder Deine Emotionen irgendwann streiken oder Du den Kontakt zu Deinen Bedürfnissen verlierst. Es wird immer schwieriger für Dich, ‚Nein‘ zu sagen oder für Dich selbst einzustehen.
    Beispiel: Du sagst Ja zu einer Aufgabe, obwohl Dein Terminkalender voll ist – und fühlst Dich später völlig ausgelaugt.
  • Isolation:
    Isolation zeigt sich u. a. darin, dass Du keinen Zugang zu Deinen Gefühlen hast oder Dich von Dir selbst entfremdet fühlst. Es fällt Dir schwer, innezuhalten und ehrlich mit Dir selbst zu sein oder Dir Zeit für Selbstreflexion zu nehmen. Du vermeidest evtl. unangenehme Gedanken.
    Mögliche Folgen: Wenn Du Dich von Deinen Gefühlen distanzierst oder keine Zeit für Selbstreflexion nimmst, entfernst Du Dich immer mehr von Deinem Inneren. Das Gefühl der Entfremdung kann Einsamkeit hervorrufen – selbst wenn andere Menschen um Dich herum sind.
    Beispiel: Statt über Deine Gefühle nachzudenken oder sie zuzulassen, lenkst Du Dich ab – mit Arbeit oder Social Media.
  • Stimmungsschwankungen:
    Stimmungsschwankungen in Deiner Beziehung zu Dir selbst können bedeuten, dass Du zwischen Selbstlob – ‚Das hast Du gut gemacht!‘ – und harscher Kritik – ‚Das war ein kompletter Reinfall!‘ wechselst. Diese inneren Widersprüche machen es schwer, eine stabile Basis für Selbstvertrauen aufzubauen.
    Mögliche Folgen: Stimmungsschwankungen machen Deinen Alltag unvorhersehbar: An einem Moment lobst Du Dich für Deine Erfolge – im nächsten machst Du Dich selbst fertig für kleine Fehler. Diese inneren Widersprüche sorgen dafür, dass Dein Selbstvertrauen instabil bleibt, und machen es schwer für Dich, langfristig ein positives Selbstbild aufzubauen – was wiederum Unsicherheit verstärkt.
    Beispiel: Nach einem guten Gespräch mit Kollegen fühlst Du Dich großartig – aber ein kleiner Kritikpunkt lässt Dich sofort an Deinen Fähigkeiten zweifeln.

Na, erkennst Du Dich in dem ein oder andern Punkt wieder? Du siehst: die Folgen eines toxischen Umgangs mit sich selbst können gravierende Auswirkungen auf den Alltag und das allgemeine Wohlbefinden haben.

Hier sind die wichtigsten Punkte nochmal zusammengefasst:

Zusammenfassung der Folgen vom toxischen Beziehungsmustern in der Beziehung zu sich selbst.

  1. Selbstzweifel und Unsicherheit:
    Du hinterfragst ständig Deine Entscheidungen und Fähigkeiten, was dazu führt, dass Du Dich in wichtigen Momenten zurückhältst oder Chancen nicht nutzt.
  1. Emotionale Erschöpfung:
    Ständige innere Konflikte und Selbstkritik rauben Dir Energie, sodass Du Dich oft ausgelaugt fühlst und Schwierigkeiten hast, den Alltag zu bewältigen.
  2. Prokrastination und Aufschieben:
    Aus Angst vor Fehlern oder Versagen schiebst Du wichtige Aufgaben auf, was langfristig Stress und Frustration verstärkt.
  3. Instabiles Selbstwertgefühl:
    Dein Selbstbild schwankt zwischen überhöhten Ansprüchen an Dich selbst und harscher Selbstkritik, was es schwer macht, ein gesundes Selbstvertrauen aufzubauen.
  4. Soziale Isolation:
    Du ziehst Dich von anderen zurück, weil Du das Gefühl hast, nicht gut genug zu sein oder Deine Probleme niemandem zumuten zu können.
  5. Fehlende Balance:
    Du schwankst zwischen Phasen extremer Strenge mit Dir selbst (z. B. Perfektionismus) und Momenten völliger Nachlässigkeit (z. B. Vernachlässigung Deiner Gesundheit).
  6. Chronischer Stress:
    Die ständige innere Anspannung kann sich körperlich äußern, z. B. durch Schlafprobleme, Verspannungen oder Magenbeschwerden.
  7. Eingeschränkte Kreativität und Spontaneität:
    Durch übermäßige Kontrolle und Selbstüberwachung fehlt Dir die Freiheit, neue Ideen zu entwickeln oder spontan zu handeln.
  8. Angst vor Veränderung:
    Du bleibst in ungesunden Situationen (z. B. Beziehungen oder Jobs), weil Dir der Mut fehlt, etwas Neues zu wagen.
  9. Verlust der Verbindung zu Dir selbst:
    Wenn Du Deine eigenen Bedürfnisse ignorierst oder verdrängst, verlierst Du den Kontakt zu Deinen Gefühlen und inneren Werten.

Diese Folgen können in Dir einen Teufelskreis aus Selbstzweifeln, Stress und Unzufriedenheit auslösen, der dazu führt, dass Dein Alltag erheblich belastet ist.

Ein bewusster Umgang mit diesen Mustern ist der erste Schritt, um aus diesem Kreislauf auszubrechen und eine gesündere Beziehung zu sich selbst aufzubauen.

Und das ist auch schon der Übergang zum nächsten und letzten Teil der Artikelserie. Darin gehe ich näher darauf ein, was noch wichtig ist, um aus diesem Hamsterrad rauszukommen.

Ich kann mir denken, dass die heutige Info so einiges in Dir in Bewegung bringt bzw. gebracht hat. Du kannst jetzt die alten Muster weiterbedienen und Dir Vorwürfe machen, dass so viele dieser Punkte auch auf Dich zutreffen. Das wird Dich nur noch schlechter fühlen lassen. Die andere Wahl, die Du hast, ist, Dich zu entscheiden, einen anderen Blickwinkel einzunehmen und Dich dafür anzuerkennen, dass es Dir bewusst geworden ist. Denn ohne das Bewusstsein kannst Du nichts ändern. Das heißt, der erste Schritt ist getan.

Herzlichen Glückwunsch!

Falls Du tiefer in diese Themen eintauchen möchtest und Unterstützung suchst, könnte mein Begleitkurs „Frieden mit mir – In 40 Schritten zu mehr Selbstliebe“ genau das Richtige für Dich sein. Gemeinsam setzen wir die Inhalte meines Buches praktisch um und gehen Schritt für Schritt auf eine Reise zu mehr innerem Frieden und Selbstliebe. Mehr dazu erfährst Du nächste Woche im dritten Teil dieser Artikelserie.

Publikationen:
⚜️ Buch zum Thema Selbstliebe: „Frieden mit mir. In 40 Schritten zu mehr Selbstliebe„.
⚜️ Buch zum Thema mentale Gesundheit: „Frieden im Kopf. Von der Ohnmacht in die Eigenmacht„.
⚜️ Buch zum Thema Stärkung der Intuition: „Soul Readings. Ratgeber für die Seele“.

⚜️ Kartendeck zum Thema Selbstwert: „Sei es Dir wert
⚜️ Kartendeck zum Thema Hilfe zur Selbsthilfe: „Wege aus dem Trauma. Mein Weg zu mir“.
⚜️️ (Passende Kartenlegesysteme findest Du in meinem Buch „Soul Readings. Ratgeber für die Seele“)

⚜️️ Jahreskalender Berührende Worte: https://irisludolf.de/buecher-und-co/#Kalender

⚜️️ Diverse Postkarten zu den Themen „Bedürfnisse“ und „Selbstwert“: https://irisludolf.de/postkarten


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